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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Dietmar Schiersner (Hg.)

Familiensache Kirche? Die Fugger und die Konfessionalisierung

(Materialien zur Geschichte der Fugger 8), Augsburg 2016, Wißner, 122 Seiten, zahlr. Abbildungen
Rezensiert von Christof Paulus
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 20.04.2018

Als „gesellschaftlichen Fundamentalvorgang, der das öffentliche und private Leben in Europa tiefgreifend umpflügte“, definierte Heinz Schilling das seit den 1980er Jahren wirkmächtige Konfessionalisierungsparadigma. Kritik setzte vor allem auch an der Integration des staatlichen Modernisierungsdiskurses in das konfessionelle Konzept an, das letztlich der mikrohistorischen Probe aufs Exempel nicht standhalte. Dem gegenüber können die hier anzuzeigenden fünf Fallstudien, erwachsen aus einer Augsburger Tagung des Jahres 2015 und angereichert durch eine forschungsgeschichtliche Einordnung des Herausgebers, diesen Zusammenhang konfessionell-staatlicher Verdichtung innerhalb der Territorien der Familie Fugger beispielhaft aufzeigen. Ferner wird aber auch der Wert von Detailstudien deutlich unterstrichen, da wohl durchaus unterschiedlich und keineswegs nach einem einheitlichen Handlungsmuster vorgegangen wurde. So profiliert Diana Egermann-Krebs bezüglich Babenhausens und Rettenbachs einen situationsgebunden, zudem äußerst pragmatisch agierenden Jacob Fugger (1542-1598), der – orientiert am Leitziel der Durchsetzung der herrschaftlichen Autorität – sich durchaus auch von Andersgläubigen beraten ließ. Ein ähnliches Ergebnis formuliert die Studie Stefanie Bilmayer-Franks, die auf protestantische Musiker in Diensten der Fugger eingeht, welche die Familie nach dem Kriterium der Professionalität auswählte und damit eine liberale Haltung vertrat, wie sie innerhalb des katholischen Lagers auch andernorts vorkam. Die fuggerschen Rekatholisierungsmaßnahmen in Leeder (gekauft 1595) und Grönenbach (durch Erbfall 1612) betrachtet Birkle, der hierbei ein Bündel verschiedener, differenzierter Maßnahmen erarbeitet, sich allerdings auch die Frage nach der konfessionellen Vergleichbarkeit der gewählten Orte stellen muss. Wie sich die Vorliebe der Fugger für italienische Kunst mit konfessionell-regionalen Vorgaben verband, rückt Sylvia Wölfle in das Zentrum ihrer Ausführungen. Den zeitlichen Korridor ins 18. Jahrhundert hinein überschreitet Ariane Schmalzriedt. Sie ordnet die Sakralisierung der Herrschaftslandschaft anhand barocker Kirchenbeispiele aus dem heutigen Landkreis Neu-Ulm in ein bekanntes polyintentionales und -kausales Wirkgeflecht ein, das sich nicht zuletzt im kleinkammerigen Schwaben in einem gegenseitigen Sich-Überbieten manifestierte. Vier Beiträge sind im Zusammenhang mit bereits erschienenen größeren Studien zu lesen (Wölfle 2009; Birkle und Egermann-Krebs 2015; Bilmayer-Frank 2016). Ein Register fehlt dem instruktiven Bändchen.