Aktuelle Rezensionen
Wolfgang Wüst (Hg.)
Policeyordnungen in den fränkischen Reichsstädten Nürnberg, Rothenburg o.d.T., Schweinfurt, Weißenburg und (Bad) Windsheim
(Die „gute“ Policey im Reichskreis. Zur frühmodernen Normsetzung in den Kernregionen des Alten Reiches. Ein Quellenwerk 7), Erlangen 2015, Wissenschaftlicher Kommissionsverlag Stegaurach, 1037 SeitenRezensiert von Winfried Romberg
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 12.04.2018
Die umfangreiche Editionssammlung vereint die hohe Zahl von 111 dieser typischen ordnungspolitischen Regelwerke der Frühzeit mit Blick auf die fünf reichsständischen Städte Frankens. Im diachronen Schnitt reicht die Spanne von den ersten Ordnungen ihrer Art aus dem frühen 16. Jahrhundert bis zum Ende des Alten Reiches (chronologischer Katalog S. 28-31). Der Band bringt jeweils den vollständigen Wortlaut der Ordnungen in originaler Orthographie (Editionsprinzipien S. 49-51). Hierbei wirkt ein Kollektiv von 31 Bearbeitern zusammen; viele von ihnen haben sich zumeist schon in den vorhergehenden Bänden der Serie ausgewiesen. Ein Glossar erschließt den Band sprachgeschichtlich (S. 983-1006).
Das breite thematische Spektrum umfasst zunächst die Rahmenwerke allgemeiner Polizeiordnungen der Reichsstädte (Nr. 1-8). Näher aufgeschlüsselt werden das umfangreiche ökonomische Segment in möglichst ressourcenschonender Land- und Forstwirtschaft, Handel und Handwerk (Nr. 9-43, 86-91), weiterhin Probleme der öffentlichen, sozialständischen und sittlichen Ordnung (Nr. 44-60, 94f.), die drängenden Fragen von Armut und Bettelwesen (Nr. 61-69), die obrigkeitliche Sicherheits-, Sozial- und Gesundheitsfürsorge (Nr. 70-84, 96-107) sowie schließlich die Rechtsaufsicht und -pflege (Nr. 108-111). Die besonderen Regelungsnotwendigkeiten einer Territorialausdehnung jenseits der eigenen Stadt- bzw. Markungsgrenzen, die bei den fränkischen Reichsstädten durchweg gegeben war, belegen pars pro toto zwei Dorfordnungen, die in grundherrschaftlich vermischten Herrschaftsverhältnissen firmieren (Nr. 92f., vgl. Einleitung S. 18f.). So ist bereits von diesen unterschiedlichen Materien her eine beachtliche Komplexität der Handlungsfelder, der jeweiligen Vorgaben und Intentionen wie auch der zeitlichen Reichweite erlassener Ordnungen abzuleiten. Grundlegend betont daher Wolfgang Wüst in der Einleitung (S. 17-47), dass dieser normativen Gangart in ihrer Gesamtheit nicht nur, wie in zumeist älterer Historiographie unterstellt, allgemeine Stagnation innewohnte, sondern gegenteilig sehr wohl innovative und modernisierende Tendenzen. Die Städte handelten dabei, wie festgestellt, sowohl aus wohlabgewogener Eigeninitiative als auch im eigenständigen Vollzug von Reichs- und Kreisverpflichtungen (bes. S. 23-35). Der überaus reichhaltige Strauß an Gesetzeswerken in der hier präsentierten Gesamtschau richtet somit den Fokus auf die Reichsstädte als einem in sich vielgestaltigen Corpus und als einer dementsprechend vergleichenden Forschungsaufgabe.